Margarete, eine Unterstützerin von HILFE UND HOFFNUNG in Oberösterreich, hatte über Monate Kleidung für Rumänien gesammelt und bot schließlich an, beim Transport der Hilfsgüter nach Rumänien behilflich zu sein. Wir freuten uns sehr über dieses wunderbare Angebot.
Aber wo genau sollten wir die Hilfsgüter hinbringen? Welche Sachen würden wo gerade dringend gebraucht?
Anne, die immer alle Termine und Lagerbestände genau im Kopf hat, arrangierte unsere Hilfsreise wieder einmal auf eine erstaunliche Weise….
Sie hatte zusammen mit Leena eine Woche vorher die erste von zwei Ladungen Fahrrädern (durch Kleiderpakete gut fixiert) nach Livezile in der Nähe von Bistrita, Nasaud (Nösnerland) gebracht. Ilie Coroama, der mit seinem Dienst Wandel im Licht (www.walkinthelightministries.net) in Livezile ein Kinderheim aufgebaut hat, nahm die Spenden entgegen. Sie waren allerdings nicht für sein Kinderheim bestimmt, da durch eine Gesetzesänderung alle Kinder adoptiert werden mussten und das Heim derzeit leer steht (Ilie versucht nun, ein Heim für ältere Menschen einzurichten). Unsere Hilfsgüter und die Fahrräder werden von einem Pastor aus Moldawien in Livezile abgeholt und dann an Kinder und Bedürftige in Moldawien verteilt.
Der zweite Teil der neuwertigen Fahrräder sollte später nachgeliefert werden. Ilie traute seinen Ohren nicht, als er von Anne erfuhr, dass die zweite Lieferung zusammen mit vielen Kleiderpaketen bereits eine Woche später von Margarete und mir gebracht werden sollte.
Am Freitagabend (19. September) brachen Margarete und ich mit dem neuen Bus nach Budapest auf, um Samstagfrüh von dort nach Rumänien weiterfahren zu können. Dadurch gewannen wir drei wertvolle Stunden auf der laut Google Maps 9-stündigen Fahrt von Wien nach Bistrita. Es stellte sich heraus, dass die Reise beträchtlich mehr Zeit in Anspruch nimmt. Am Grenzübergang Csengersima mussten wir noch dazu ca. eine Stunde warten, da die rumänische Grenzpolizei die Fahrzeuge sehr genau untersuchte. Da es auf dieser Strecke keine Autobahn gibt, waren wir auf Bundesstraßen unterwegs. Die Straßen waren gut, die vielen Ortschaften mit ihren Tempolimits zogen die Fahrt allerdings in die Länge. Als wir endlich am Ziel ankamen, war es schon dunkel. Ilie Coroama und seine Haushälterin versorgten uns mit einem reichhaltigen Abendessen. Das auf der eigenen Farm gezogene Gemüse, v. a. die Tomaten, schmeckten außergewöhnlich gut. Ilie erzählte uns beim Essen einen Teil seiner Lebensgeschichte: Er wurde als Sohn einer gottesfürchtigen jüdischen Mutter in Rumänien nahe der Grenze zur Bukowina geboren (seine Mutter war noch in der k. u. k. Monarchie aufgewachsen). Als junger Mann trug er wesentlich zum Aufbau der Untergrundkirche im kommunistischen Rumänien bei. 1974 musste er fliehen, um der Hinrichtung zu entgehen. In Amerika wurde er als Bauunternehmer reich und kam dem Ruf nach, den Notleidenden in seiner Heimat zu helfen.
Zusammen mit seinem Freund Charlie Duke (ehemaliger Astronaut, der zum Mond flog) besuchte er das österreichische Parlament und betete dort u. a. für den österreichischen Bundespräsidenten. Wir staunten sehr über Ilies Ausführungen und auch über das Haus, in dem er uns beherbergte, denn es ist im amerikanischen Landhausstil mit typisch amerikanischen Baumaterialien errichtet. Ich verbrachte einmal ein Jahr in Florida und lernte Amerika mit seinen Besonderheiten kennen und lieben. Hier kam ich mir vor wie in Florida. Ilie erklärte uns, dass sein Haus so wie alle umliegenden Häuser des Kinderheims von Charlie Duke in zehn Containern aus Amerika angeliefert und in Livezile zusammengebaut worden war. Für mich war es ein bemerkenswertes Erlebnis, in einem wunderschönen amerikanischen Haus mitten in Rumänien zu Gast sein zu dürfen.
Sonntagfrüh entluden wir nach einem hervorragenden Frühstück den Kastenwagen und machten uns dann gleich auf den Rückweg, da wir am Abend in Budapest übernachten wollten. Ilie hatte uns geraten, diesmal die sicherere Route über Oradea zu nehmen. Wir befolgten seinen Rat, obwohl es bedeutete, dass wir sechs Stunden nach Oradea unterwegs sein würden und dann noch drei Stunden nach Budapest brauchen würden (zusammen neun Stunden; nach Google Maps die gesamte Route Wien – Bistrita, allerdings via Satu Mare). Die Fahrt verlief gut, wir ließen die wunderschöne Landschaft von Siebenbürgen auf uns wirken, kauften am Straßenrand sonnengereifte Melonen, Trauben, Tomaten, Äpfel und Pfirsiche ein. Sogar Eierschwammerl und Steinpilze wurden in den höheren Regionen angeboten. Plötzlich fragte Margarete: „Gibt es in Oradea etwas besonderes zu sehen?“ Ich dachte, dass ein Aufenthalt mitten in der Stadt kompliziert werden würde und wir durch einen Stadtbummel wertvolle Zeit verlieren würden….. aber dann kam mir in den Sinn, dass es 7 km von Oradea entfernt das historische Thermalbad Apollo Strand im größten rumänischen Kurort Baile Felix gibt….. und dort gibt es auch die einzigartigen Riesenseerosen. Wir kamen überein, dass wir genau dort eine Pause machen möchten. Margarete hatte wie ich ihre Badesachen eingepackt, obwohl es bei Antritt der Reise völlig unmöglich erschien, dass wir in Baile Felix bzw. Oradea vorbeikommen würden (nach Google Maps verläuft die kürzeste Route ca. 3 Stunden von Oradea entfernt via Satu Mare) oder dass wir Zeit finden würden für einen entspannenden Badegang. Und nun waren wir da und nahmen im wunderschönen historischen Apollo Strand ein ausgiebiges Bad im 36 Grad warmen Thermalwasser. Danach spazierten wir durch den Kurpark und bestaunten die Riesenseerosen. Großartig. Das hat nur Baile Felix zu bieten.
Zufrieden und entspannt traten wir schließlich die Weiterreise nach Budapest an, wo wir ohne Zwischenfälle ankamen und übernachteten. Am nächsten Tag brachen wir schließlich nach Wien auf. An der österreichischen Grenze gab es zügige Kontrollen ohne nennenswerten Aufenthalt. Wir erreichten Wien wie geplant bereits am Nachmittag, denn Margarete musste am selben Tag noch die Heimreise nach Oberösterreich antreten.
Für mich war diese Reise eine wunderbare Erfahrung und Bereicherung. Obwohl wir nur drei Tage Zeit hatten, um 1.600 km zurückzulegen, gelang es uns alles zu erledigen und darüber hinaus auch noch im – nach einigen Studien – besten Thermalwasser der Welt zu baden.
Elisabeth (September 2016)