Kurz vor Ostern (21. – 24. März) ergab es sich, dass ich mit einer Busladung voll Kleider, Schuhe und Süßigkeiten nach Tinca bei Oradea (ehemals Großwardein) fuhr, um sie an die christliche Privatschule für Roma-Kinder, die 2014 von der christlichen Organisation people2people übernommen wurde, zu übergeben.
Die Fahrt verlief ohne Probleme, da ich in Ungarn fast durchgehend auf Autobahnen unterwegs war (Oradea liegt direkt an der rumänischen Grenze zu Ungarn).
Eine Mitarbeiterin von people2people, die Psychologin und Mikrounternehmerin Cristina Minculescu, fuhr mit mir zur Roma-Gemeinde von Tinca (24 km von Oradea entfernt). Auf dem Weg erzählte sie mir, wie sie mit ihrem Start-up Opfern von Menschenhandel Jobs und somit finanzielle Unabhängigkeit anbietet und ihnen dadurch den Beginn eines selbstbestimmtes Lebens ermöglicht.
In der Roma-Gemeinde angekommen, führte mich Cristina nach der Entladung des Autos durch die christliche Privatschule der people2people Stiftung:
– 180 Kinder können hier 4 Grundschulklassen absolvieren
– es gibt auch eine Computerklasse
– im März wurde die Schule staatlich akkreditiert, d. h. ab März 2016 werden die Lehrergehälter vom rumänischen Staat bezahlt (die Akkreditierung war ein herausfordernder Prozess, der 2 Jahre in Anspruch nahm)
– Absolventen dieser Grundschule haben ein gutes Bildungsfundament und sind optimal für den weiteren Bildungsweg vorbereitet
– die Kinder bekommen in der Schule zu essen (daheim gibt es nicht viel zu essen; nur wenige Mitglieder der Roma-Gemeinde haben Jobs)
– in der Schule befinden sich Duschen und Waschmaschinen, die von allen Bewohnern der Community benützt werden können
Auf meine Frage, wie viele Kinder es in der Roma-Gemeinde gibt, bekam ich eine erstaunliche Antwort: 800 – 900. Das führte zur nächsten Frage: Wenn hier nur für 180 Kinder Schulplätze vorhanden sind, was machen dann die anderen Kinder?
Sie können die staatliche Schule in der Nähe der Roma-Gemeinde besuchen…. einige tun das auch, allerdings meist nicht lange. Roma-Kinder werden wegen ihrer Herkunft und wegen ihres Erscheinungsbildes ausgegrenzt und brechen die Schule sehr oft ab (an der christlichen Privatschule werden die Kinder gut motiviert und durch alle 4 Schulklassen begleitet; bei Krankheit ist ärztliche Versorgung gewährleistet).
Auch wollen viele der Roma-Kinder gar nicht in die Schule gehen, da ihre Eltern ihnen vermitteln, dass es nicht wichtig sei, eine Ausbildung zu erlangen. Die meisten der Eltern haben keine Schulbildung und sind der Meinung, dass ihre Kinder ebenfalls keine Schule besuchen sollen (dabei ist gerade Bildung ein Ausweg aus der Armutsspirale, die viele Roma zu Opfern von Menschenhandel etc. macht).
Und doch liegt es nahe, dass mehr Kinder zur Schule gehen würden, wenn es mehr Plätze an dieser Schule, die sich mitten in der Roma-Gemeinde befindet, gäbe. Und ja, people2people plant die Schule aufzustocken.
Nach dem Rundgang durch die Schule wurden die mitgebrachten Sachen aufgelegt und die Kinder konnten sich Dinge aussuchen. Das war neu für mich, denn sonst hatte ich die Sachen immer nur im p2p Büro in Oradea abgegeben. Die Freude der Kinder und ihre persönlich überbrachten Dankeschöns waren eine tolle Belohnung für meine Reise.
Nach dem Besuch in Tinca fuhr ich nach Baile Felix (9 km von Oradea entfernt), dem größten Heil- und Thermalbad Rumäniens. Es gibt Studien, die das Thermalwasser von Baile Felix als das beste der Welt bezeichnen. Ich verbrachte noch zwei grandiose Badetage in der neu errichteten Lotus Therme und dem Aquapark mit seinen 12 Pools. Erfrischt und erholt trat ich schließlich die Heimreise an.
Oradea, Tinca und Baile Felix sind immer eine Reise wert!
(Elisabeth, April 2016)