Reise von Elfi und Anne zur ukrainischen Grenze (März 2024)

Im März machten wir (Anne und Elfi) uns auf die lange Reise zur ukrainischen Grenze. Diesmal nahmen wir etwa 600 Kilo Hilfsgüter mit, darunter Toilettenpapier, 80 Kilo Waschpulver, Kleidung, Socken, etwa 70 Kilo Katzen- und Hundefutter, 100 Kilo Lebensmittel, Geschirr, einen Kinderwagen und eine Babytrage. Zusätzlich zu den Bargeldspenden wurden auch Bambussocken an die jüdische Gemeinde in Czernowitz gespendet.

Die fast eintausend Kilometer lange Reise von Wien nach Siret, die uns über die Karpaten bis zur ukrainischen Grenze führte, wurde in nur zwei Tagen bewältigt. Wir hatten unsere Hinreise so geplant, dass wir am Freitagabend zum Schabbat-Gottesdienst die Synagoge in Oradea erreichen konnten. Auf unseren gemeinsamen Reisen ist sie immer wieder ein beliebter Rastplatz für uns. Zu unserer Überraschung erfuhren wir am Synagogentor, dass der Gottesdienst kurzfristig auf Zoom verlegt worden war, da mehrere Gemeindemitglieder an Grippe erkrankt waren. Der freundliche Hausmeister führte uns allerdings durch die Synagoge und so konnten wir die unbeschreiblich schöne Beleuchtung der Synagoge sowie die Wand- und Deckenmalereien in erdigen Farben bewundern.

Außerdem wurde uns ein neues Projekt vorgestellt, das seit Jahren ein Traum war und das nun mit israelischer Unterstützung Wirklichkeit wird. Es handelt sich um den Bau einer Jeschiwa (Talmud-Hochschule) auf dem Gelände der jüdischen Gemeinde. Das ist wohl ein historisches Ereignis in Rumänien, denn die letzte Einrichtung dieser Art war Mitte des letzten Jahrhunderts gegründet worden. Die Schule wird mindestens 10 – 12 Schüler aufnehmen, die hauptsächlich aus Rumänien und Ungarn kommen werden. Um sie umfassend betreuen zu können, wird das neue Gebäude auch mit Gästezimmern und einer koscheren Küche ausgestattet sein.

Die jüdische Gemeinde in Oradea unterhält seit Jahrzehnten sehr gute Beziehungen zur jüdischen Gemeinde in Debrecen, Ungarn, das nahe der rumänischen Grenze liegt. Die Ideen der jüdischen Gemeinde Debrecen flossen in die Diskussion um die Jeschiwa in Oradea ein. Der Präsident der jüdischen Gemeinde in Oradea ist zuversichtlich, dass es neben Debrecen noch weitere ungarische Partner geben wird, mit denen man dieses Traumprojekt gemeinsam realisieren kann.

Nach der Besichtigung der Synagoge und der Jeschiwa-Baustelle konnten wir uns mit selbstgebackenem Kuchen stärken, den wir von der jüdischen Gemeinde bekommen hatten.

Kilometerlange LKW-Schlangen an der ukrainischen Grenze. Getreideexporte aus der Westukraine zum Beispiel müssen auf dem Landweg transportiert werden, da der Seeweg nach Osten teilweise gesperrt ist.

Nach einer erholsamen Nachtruhe machten wir uns am Samstagmorgen auf den Weg nach Siret. Es war ein langer Fahrtag und ab und zu mussten wir uns auf die Karte verlassen, da das Navigationssystem des Autos der Aufgabe nicht immer gewachsen war. Als es bereits dunkel war, half eine Stirnlampe beim Lesen der Karte und der Notizen im Auto.

Nachdem wir am Sonntagmorgen am Grenzübergang Siret die Spenden an Tanya übergeben hatten und nachdem ihr Lieferwagen aufgetankt worden war, konnten wir uns fast drei Stunden lang mit Tanya und ihrem Fahrer Stefan bei einem gemeinsamen Essen unterhalten.

Sie erzählten uns vom ungemein innovativen Einsatz von Drohnen: Da viele Felder in der Ostukraine voller Landminen sind und daher derzeit nicht als Ackerland genutzt werden können, werden mit Hilfe von Drohnen Blumensamen auf die Felder gesät. Sobald die Blumen blühen, werden Bienen eingesetzt, um Honig zu produzieren. Dieser Honig wird “Minenhonig” genannt. Die Ukraine war schon immer ein wichtiger Produzent und auch Exporteur von Honig.

Die Nudeln, die wir mitgebracht hatten, kamen direkt in den Kochtopf. In dieser Kantine werden jeden Tag Mahlzeiten für 500 Gäste zubereitet.

Wir erfuhren auch Neues von einer jungen Mutter, die nach unserer letzten Reise einen von uns gespendeten Kinderwagen für ihr damals 4 Monate altes Baby erhalten hatte. Das Baby ist jetzt 6 Monate alt. Der junge Vater kehrte leider schwer verletzt aus dem Krieg zurück. Er wurde bereits mehrfach operiert und wartet nun auf die Anfertigung einer Arm- und Beinprothese. Wir erkundigten uns näher über die Situation dieser Familie, damit wir ihr in Zukunft noch besser helfen können.

Es werden Heime für verletzte und traumatisierte Soldaten eingerichtet. Einige von ihnen entscheiden sich, in diesen Heimen zu bleiben und nicht zu ihren Familien zurückzukehren, da sie so ihr Schicksal mit anderen Leidensgenossen teilen und sich gegenseitig unterstützen können. In diesen Heimen wird unter anderem die Tiertherapie als Behandlungsmethode eingesetzt. Die Therapiehunde und -katzen kamen in den Genuss von etwa 70 kg Tierfutter, das wir mitgebracht hatten.

Tanya und der Rabbiner der Jüdischen Gemeinde in Czernowitz senden euch allen herzliche Grüße aus Czernowitz.

Nach der Übergabe der Hilfsgüter und unserer Gemeinschaft mit Tanya und Stefan machten wir uns auf den Rückweg von Siret nach Oradea. Am späten Abend kamen wir im Haus unseres Freundes in Oradea an und legten uns müde aber sehr dankbar zur Ruhe. Es wurde uns immer tiefer bewusst, dass wir auf unserer Reise bestimmte Wege benutzt hatten, weil Gott uns so geführt hatte, damit wir auf dieser Reise zur Freude und zum Segen für viele Menschen werden konnten. Ein besonderer Friede erfüllte uns. Nachdem wir am nächsten Tag Freunde in Oradea getroffen hatten, fuhren wir nach Budapest und dann weiter zurück nach Wien.

Vielen Dank, liebe Freunde, dass ihr diese Hilfsreise an die ukrainische Grenze ermöglicht habt. Es ist uns ein Vorrecht, mit eurer Unterstützung vielen Bedürftigen Hilfe zu bringen und unterwegs immer wieder unsere Freunde in Osteuropa zu treffen, um Hoffnung und Freude in ihr Leben zu bringen.

Anne und Elfi

(März 2024)